Folgen der Coronakrise für selbständige IT-Profis
Die Coronakrise scheint sich langsam ihrem Ende zuzuneigen. Die einschränkenden Regelungen werden gelockert. Vielleicht beginnt bereits jetzt die Post-Corona-Zeit. Die Folgen der Coronakrise für selbständige IT-Profis dürften genauso einschneidend sein, wie die Maßnahmen der Regierung. Für jeden (Einzel-)Unternehmer im IT-Bereich kommt jetzt die Zeit, sich darüber klar zu werden, wie sie oder er seine Interessen schützen und wahrnehmen kann.
Im DBITS e.V. haben wir das Geschehen eher beobachtet und uns nicht eingemischt. Als noch kleinem Verband standen uns nicht allzu viele Möglichkeiten offen. Außerdem fällt die Beurteilung der Lage uneinheitlich aus. Bei den vielen unterschiedlichen Bereichen, die wir in der IT als Selbständige bearbeiten, lässt sich keine pauschale Stellungnahme ableiten.
Manche mögen es uns ankreiden, dass wir uns den Forderungen nach pauschaler Subvention der IT-Freelancer durch den Staat nicht angeschlossen haben. Ursache dafür war und ist ein Gefühl, dass eine solch pauschale Vorgehensweise nur teilweise richtig sein kann.
Selbständige im IT-Bereich sind selten hilfs- oder schutzbedürftig
Wir verwahren uns gegen den Vorwurf, scheinselbständig zu sein. Wir wollen unsere Alterssicherung selbst in die Hand nehmen. Doch schon zu Beginn eines aufkommenden Sturms schreien wir nach staatlicher Hilfe? Das passt nicht zu unserem Selbstverständnis.
Ich selbst bin seit zweiundzwanzig Jahren selbständig. Und es gab 2 Phasen, die meine Existenz stark bedroht haben. Es waren Phasen, in denen ich über einige Monate keinen Vertrag an Land ziehen konnte. In beiden Phasen musste ich an meine Altersvorsorge gehen und teilweise aufbrauchen.
Zugegeben, das war selbstverschuldet. Davon kann jetzt keine Rede sein. Die Eingriffe erfolgten durch den Staat. Diese Eingriffe haben die Möglichkeiten eingeschränkt, weiterhin seinen Unterhalt zu verdienen.
Je nach Zahlungsvereinbarungen könnten bei einigen IT-Freelancern die letzten Zahlungen im Mai eingegangen sein. Das bedeutet, ein finanzielles Loch kam erst im Juni zum Tragen.
Wann entstand das finanzielle Loch?
Ein wenig gehe ich bei dieser Überlegung von mir aus. Ich stelle monatliche Rechnungen am letzten Tag des laufenden Monats oder am ersten Tag des Folgemonats aus. Das ist abhängig davon, wann ich meine Leistungsaufstellung gegengezeichnet bekomme. Zahlungsziel ist in den meisten Fällen 30 oder 45 Tage. Wer also ab April ohne Vertrag war, bekam in der Regel im Mai sein Honorar für den März überwiesen. Natürlich mag das bei einigen Freelancern anders sein. Doch dieses Modell ist weit verbreitet.
Daher kann ich verstehen, dass eine Verlängerung der Frist gefordert wurde. Dennoch sehe ich diese pauschalen Forderungen kritisch. Der Staat hat in vielen Fällen Gelder ausbezahlt, ohne die Hintergründe genau zu prüfen. In anderen Fällen war er zu pingelig und hat nichts ausgezahlt.
Wie das bei den IT-Freelancern im Allgemeinen ausgesehen hat, kann ich nicht beurteilen. Die Folgen der Coronakrise für selbständige IT-Profis waren nicht sofort abzusehen. Vermutlich wäre es besser oder wie auch immer gerechter gewesen, wirklichen Umsatzausfall zu erstatten. Das hätte aber vermutlich die Bürokratie in Deutschland heillos überfordert.
Die Kritik am Hilfsprogramm der Bundesregierung halte ich für überzogen. Auch wenn vermutlich einiges falsch laufen wird, glaube ich, die Maßnahmen zeigen in eine gangbare Richtung. Ob es tatsächlich so sein wird, dürfte sich im Laufe des restlichen Jahres zeigen.
Welche Untertützung brauchen IT-Selbständige wirklich?
Überbrückungsgelder sind sicherlich für manche notwendig. Doch letztlich sollte man sich darauf konzentrieren, was der Wirtschaft insgesamt hilft. Und da ist es doch so, dass wir als selbständige IT-Spezialisten Auftraggeber brauchen. Wenn es unseren Auftraggebern gut geht, haben auch wir die Chance, wieder an Aufträge zu kommen und unsere Finanzen zu erholen.
Ende Juni hat die SOLCOM auf ihrem Freiberufler Blog eine Studie veröffentlicht, in der auf die “Auswirkungen der Coronakrise auf Projektmarkt und Freiberufler” eingegangen wird. Aus der Auswertung der Befragung geht hervor, dass immerhin 35% der Befragten keine Ausfälle zu verbuchen hatten. Auf der anderen Seite hatten fast ein Viertel 80% oder höhere Ausfälle zu ertragen.
Diese Situation ist weiterhin zu beobachten. Eine leider kaum mit Belegen versehene Analyse des VGSD kommt hingegen zu erschreckenderen Ergebnissen. Hier kommt die Frage auf, was bedeuten beide Untersuchungen für die Zukunft.
Beide Analysen bestätigen die Verzögerung, mit der die Folgen der Coronakrise für selbständige IT-Profis eintraten. Außerdem sehe ich es bestätigt, dass es darum geht, die Auftraggeber der IT-Selbständigen zu stärken. Die Einkommensverluste waren überwiegend das Ergebnis von Projektstornierungen.
Folgen der Coronakrise für selbständige IT-Profis sind schwerwiegender als für Arbeitnehmer
Eine weitere Sache ist mir aufgefallen. Der Staat ist schnell bereit, Arbeitnehmern zu helfen. Die Regierungsvertreter sind also der Ansicht, dass sich dort immer noch das größte und vielleicht entscheidende Wählerpotenzial anfindet.
Für mich ergibt sich daraus die Frage, warum die Interessen der Millionen Solo-Selbständigen so schlecht vertreten sind. Für einen Verband wie den DBITS e.V. ist das eine wichtige Frage. Denn daraus leitet sich unter anderem sein Selbstverständnis ab.
Warum verlassen sich so viele IT-Freelancer darauf, dass schon alles seine Richtigkeit hat und nichts schieflaufen kann? Denken sie wirklich, dass im Notfall bestimmt jemand da sein wird, der sich für sie einsetzt? Woher kommt diese Haltung oder diese trügerische Sicherheit? Hat nicht die Coronakrise gezeigt, wie schnell die Welt sich verändern kann?
Die Veränderungen, die auf uns zukommen, sind weit vielschichtiger, als die Coronakrise es aufzeigen konnte. Die Digitalisierung und Automatisierung der Industrie ist keineswegs immer eine Garantie für einen sicheren Arbeitsplatz oder eine gute Auftragslage für IT-Profis.
Selbständige IT-Profis sollten sich auf Veränderungen einstellen
Im Juni hat die SAP drei Webinare veranstaltet, die einen Blick in die Zukunft der Beratung geben sollten. Es ist schon interessant, was auf uns zukommt. Unter Consulting 4.0 wurden auch ein paar Konzepte vorgestellt, die direkte Auswirkungen auf Berater in der IT haben werden.
Es gilt also fit und auf dem Laufenden zu bleiben, wenn man seinen Lebensunterhalt auch in ein paar Jahren als Selbständiger im IT-Bereich verdienen will. Doch es gibt so viele Entwicklungen, dass es geboten erscheint, sich einer Gruppe anzuschließen. Gemeinsam können wir viel mehr in Erfahrung bringen, gemeinsam erarbeiten und letztlich hoffentlich auch politisch bewegen.
Der DBITS bietet sich als Netzwerk an, über das an zukunftsträchtigen Themen gearbeitet werden kann. Doch es darf keine Einbahnstraße sein. Ohne persönliche Beteiligung, allein durch eine Konsumentenhaltung werden wir nicht weiterkommen, wird der DBITS zu wenig leisten können.
Netzwerken ist eine Haltung, in der Geben und Nehmen selbstverständlich sind. Ein Nullsummenspiel wird hier keinen Erfolg bringen. Wer in einer Erwartungshaltung bleibt, hat vermutlich noch nicht verstanden, wie wichtig Eigeninitiative und Beteiligung in Zukunft sein werden.
Die Gemeinschaft Gleichgesinnter im IT-Bereich
Noch ist der DBITS ein kleiner Verband. Aber wir arbeiten daran, die Bedürfnisse der IT-Freelancer für das Heute und das Morgen in Erfahrung zu bringen. Wir wollen und werden unterstützen, wo es uns möglich ist. Und je mehr sich an unserem Projekt beteiligen, desto besser werden die Chancen, dass wir wirklich etwas bewegen können.
Selbständige sollten die Grundhaltung einnehmen, sich für die eigenen Interessen einzusetzen und dafür auch etwas zu unternehmen. Und wo ginge das besser als in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter? Wir sind Einzelkämpfer, wir treten als Selbständige im IT-Bereich auf dem Markt auf und wir wissen, dass wir nur gemeinsam ein gedeihliches Umfeld für unsere Berufe schaffen können. Kein anderer hat ein Interesse daran, etwas für uns zu tun.
Ich erlaube mir an dieser Stelle, darauf hinzuweisen, wo man den Antrag auf Mitgliedschaft im DBITS stellen kann: https://www.dbits.it/dbits/jetzt-mitglied-werden/
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