Positionspapier zu den Rahmenbedingungen für Selbständige in der Informationstechnologie (IT)
Die deutsche Wirtschaft ist derzeit trotz großer Herausforderungen erfolgreich, steht jedoch vor gewaltigen Veränderungen. Durch die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt, getrieben durch die Globalisierung, einen immer schneller voranschreitenden technologischen Wandel und einen gesellschaftlichen Wertewandel verändern sich die traditionellen Arbeits- und Lebenswelten. [1]
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Der Einsatz externer Spezialisten sichert dabei die Innovationskraft und Reaktionsfähigkeit der deutschen Wirtschaft [2] und macht die erfolgreiche Umsetzung von Projekten und neuen Produkten erst möglich. Die Beauftragung externer Spezialisten stellt somit einen erfolgskritischen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dar.
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Die mediale und politische Diskussion um den Missbrauch bei Werkverträgen, welcher sich vorwiegend im Niedriglohnsektor bewegt (Post- und Logistikdienstleistungen, Fleischverarbeitende Industrie etc.), hat zunehmend zu einer Verunsicherung der Wirtschaft beigetragen. Die Konsequenzen dieser Diskussionen treffen nämlich paradoxerweise gerade die hochqualifizierten Spezialisten, da in den Diskussionen keine Unterscheidung zu tatsächlich schutzbedürftigen Gruppen getroffen wird.
Das Resultat dieser Entwicklung ist ein drohender Innovationsstau, der ein enormes wirtschaftliches Risiko für die Unternehmen in sich birgt. Die Entwicklung wichtiger neuer Technologien und Produkte wird behindert und schwächt auch die nachgelagerte Produktionswirtschaft mit einer noch größeren Anzahl an gewerblichen Arbeitsplätzen.
Um die deutsche Wirtschaft international wettbewerbsfähig zu halten, müssen klare und eindeutige Regelungen geschaffen werden. Die aktuell herrschende Rechtsunsicherheit muss beendet werden.
Sowohl für die Auftraggeber der externen Spezialisten, als auch für die Spezialisten selbst muss eine Planungssicherheit gewährleistet werden können.
Selbständige Wissensarbeiter sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Selbständige IT-Spezialisten sind auch selbst Arbeit-und Auftraggeber.
Nach den Erhebungen des statistischen Bundesamtes waren in 2012 allein im Bereich freiberuflicher, wissenschaftlicher und technischer Dienstleistungen in Kleinunternehmen mit 1-9 Mitarbeitern ca. 780.000 Personen beschäftigt.
Diese erwirtschafteten im Jahre 2012 einen Jahresumsatz in Höhe von mehr als 52 Mrd. € und nahmen zusätzlich Bruttoinvestitionen in Höhe von mehr als 1,6 Mrd. € vor.[3]
Dadurch werden, gesamtwirtschaftlich betrachtet, erhebliche Mehrwerte geschaffen. Diese Mehrwerte würden ersatzlos entfallen, wenn durch die derzeitige Situation und die geplanten Änderungen immer mehr Selbständige ihr bewährtes Geschäftsmodell nicht mehr ausüben könnten.
Sowohl die Steuereinnahmen, die über direkte Steuern von selbständigen IT-Spezialisten gezahlt werden, als auch die durch die Wertschöpfung bei den Auftraggebern generierten Einnahmen sind bedroht.
Abgrenzung zu schutzbedürftigen Gruppen
Bei selbständigen Unternehmern muss zwingend unterschieden werden zwischen solchen, bei denen tatsächlich eine Schutzbedürftigkeit vorliegt und solchen, die durch ihr erfolgreiches unternehmerisches Handeln keiner Schutzbedürftigkeit unterliegen.
IT-Spezialisten sind in der Regel hochqualifizierte Experten, was sich auch in den erzielten Umsätzen widerspiegelt. Dies zeigt, dass insbesondere IT-Spezialisten einen ausreichenden wirtschaftlichen Spielraum besitzen und nicht von einem Auftraggeber abhängig sind. Eine Schutzbedürftigkeit liegt hier also nicht vor.
Eine Befreiung selbständiger IT-Spezialisten von einer Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung ist u.a. aus den folgenden Punkten zu begründen:
• Selbständige Unternehmer in der IT tragen im Gegensatz zu Angestellten das alleinige unternehmerische und wirtschaftliche Risiko.
• Selbständige Unternehmer sind nicht durch die Arbeitslosenversicherung abgesichert, es gibt keine gesetzlichen Reglungen für einen Kündigungsschutz.
• Eine gesetzliche Regelung für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall existierte bisher nicht, der Selbständige will und muss hier eigenständige Vorsorge betreiben.
• Langfristig bestehende Modelle der Altersversorgung dürfen nicht durch eine plötzliche Verpflichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Selbständigen untragbar werden, da diese dann zu ungünstigen Konditionen und mit Verlust aufgelöst werden müssen.
• Eine bei gutverdienenden Angestellten übliche Alterszusatzvorsorge (neben der gesetzlichen Rentenversicherung) über den Arbeitgeber will und muss der Selbständige aus eigener Kraft leisten. Der Selbständige muss also in die Lage versetzt werden, seine Altersvorsorge so gestalten zu können, dass ein ausreichender Lebensstandard im Alter gewährleistet ist.
Der Selbständige wird also – sinnvollerweise – in vielen Bereichen vom Gesetzgeber anders behandelt als der Angestellte. Eine einseitige Sonderbehandlung in Bezug auf das Thema Altersvorsorge macht daher keinen Sinn. Auch für diesen Bereich der sozialen Absicherung müssen die gleichen Spielregeln gelten und der selbständige Unternehmer darf nicht seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit beraubt werden.
Unsere Forderung
Der DBITS e.V. fordert daher: Es muss eine eindeutige, nachvollziehbare Regelung für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht geschaffen werden. Unser Vorschlag zur Prüfung der Schutzbedürftigkeit:
• Es wird eine „Bemessungsgrenze“ eingeführt. Diese sollte bei 42,50 € (Nettobetrag/Stunde, ohne Reisekosten) liegen, was dem 5-fachen des derzeitigen (Brutto-) Mindestlohns in Deutschland entspricht. Als zweite Komponente weist der Selbständige nach, dass er eine angemessene Altersvorsorge betreibt. Diese kann durch alle marktgängigen Anlageformen auf Basis eines anerkannten Nachweises erbracht werden.
• Liegt ein Selbständiger oberhalb der Bemessungsgrenze und verfügt über eine ausreichende Altersvorsorge, besteht keine Schutzbedürftigkeit und somit keine gesetzliche Rentenversicherungspflicht.
• Liegt ein Selbständiger unterhalb der Bemessungsgrenze und / oder verfügt über keine ausreichende Altersvorsorge, oder lehnt die Prüfung nach Stundensatz und / oder ausreichender Altersvorsorge ab, erfolgt die Prüfung anhand eines neu zu definierenden Kriterienkatalogs.
• Für Existenzgründer wird eine Übergangsfrist von 3 Jahren gewährt in denen sowohl ein geringerer Stundensatz als auch reduzierte Aufwendungen für die Altersvorsorge angesetzt werden können.
[1] Die Zukunft der Arbeitswelt, Robert Bosch Stiftung S8 f
EINSATZ UND BEDEUTUNG EXTERNER SPEZIALISTEN, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), S7
[2] EINSATZ UND BEDEUTUNG EXTERNER SPEZIALISTEN, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), S4
[3] Bundesamt für Statistik , 48121-0002