Freiberufler oder Freelancer
Die jeweils Regierenden haben Deutschland eine Reihe von Gesetzen gegeben, welche die Lage für viele etwas undurchsichtig machen. Beispielsweise die Begrifflichkeiten Freiberufler, Soloselbständige, Freelancer oder Honorarkräfte werden häufig synonym verwendet, obwohl es beachtenswerte Unterschiede gibt. Ob man Freiberufler oder Freelancer ist, beurteilen jedoch in erster Linie die Finanzämter.
Diese Unterschiede führen bisweilen zu Verständnisschwierigkeiten. So habe ich in einer Anfrage an den DBITS vom „Geschäftsmodell Freiberuflichkeit“ gelesen. Ich bin mir sicher, der Schreiber meinte Freelancer oder die Arbeit als freier Mitarbeiter. An diesem Beispiel habe ich jedoch gesehen, wie viel Verwirrung eine komplizierte Gesetzgebung hervorrufen kann.
Freiberuflichkeit ist gesetzlich geregelt
Wer Freiberufler (Definition Freiberufler – https://welt-der-bwl.de/Freiberufler) ist und wer nicht, bestimmen Gesetze. Die Hauptvorteile von Freiberuflichkeit liegen in der vereinfachten Buchführung (Einnahmenüberschussrechnung) und der Befreiung von der Gewerbesteuer.
Aber: Freiberuflichkeit schützt nicht vor Scheinselbständigkeit. Außerdem können Freiberufler auch abhängig arbeiten. Zum Beispiel Ärzte oder Architekten. Ärzte sind oft in Krankenhäusern angestellt. Architekten arbeiten gegen Lohn in einem großen Architekturbüro.
Bei Honorarärzten (Selbständige Ärzte, die als Honorarkraft in Krankenhäusern arbeiten) gibt es sogar ein Gerichtsurteil, das sie als Scheinselbständige einstuft. Siehe: https://www.scheinselbstaendigkeit.de/blog/bsg-urteil-honoraraerzte-regelmaessig-scheinselbstaendig.html
Manche Freiberufler tun sich zusammen und gründen eine GmbH. Für GmbHs gibt es ein spezielles Gesetz, das GmbH-Gesetzt (GmbHG – https://www.firma.de/firmengruendung/gmbh-recht-das-gmbh-gesetz-einfach-erklaert/). Wer über eine GmbH abrechnet, verliert die steuerlichen Vorteile eines Freiberuflers. Genauso steht es, wenn ein Freiberufler neben seinen Leistungen auch noch Waren verkauft.
IT-Profis als Freiberufler
Wie sieht das bei IT-Fachkräften aus? Aufgrund der vielseitigen Qualifizierungen, die in der IT möglich sind, gibt es hier große Unterschiede. Wer ein einschlägiges Studium für Ingenieure, Mathematiker oder einen ähnlichen Abschluss vorweisen kann, wird relativ einfach als Freiberufler anerkannt.
Wirtschaftswissenschaftler können ebenfalls als Freiberufler anerkannt werden. Doch hier sind teilweise Nachweise zu erbringen, etwa Arbeitsproben. Hier entscheidet das jeweilige Finanzamt, ob es die Freiberuflichkeit anerkennt. Wenn ein Finanzamt eine Freiberuflichkeit nicht anerkennt, ist es kaum möglich, es zu überzeugen. Ein anderes Finanzamt, das einen vorher (etwa vor einem Umzug) anerkannt hatte, kann nicht als Beispiel oder gar Beweis herangezogen werden.
Aber auch für Nichtakademiker besteht die Möglichkeit, vom Finanzamt als Freiberufler anerkannt zu werden. Einzelheiten sollten mit dem jeweiligen Finanzamt besprochen werden. Aber bitte sich vorher mit einem kompetenten Steuerberater beraten. Es gilt, diverse Aspekte zu beachten. Ein erfahrener Steuerberater sollte hier helfen können.
Freiberufler oder Freelancer werden
Die Liste der Merkmale für Freiberuflichkeit ist relativ lang. Jeder selbständige IT-Profi sollte sich – nach der Konsultation eines Steuerberaters – mit seinem Finanzamt beraten. Die wissen sehr genau, welche Kriterien sie gelten lassen und welche nicht. Natürlich ist beim Gespräch mit dem Finanzamt etwas Vorsicht angeraten. Schlafende Hunde und so; man kennt das.
Zur Vorbereitung für das Gespräch mit dem Finanzamt empfehle ich, sich eingehend darüber zu informieren, welche Kriterien für die freien Berufe gelten. Das sind relativ viele und können nicht generell für IT-Freiberufler herangezogen werden.
Daher sollte man sich gut informieren und seine tatsächlich durchgeführten Tätigkeiten genau daraufhin prüfen, ob sie mit den geforderten Merkmalen übereinstimmen. Hier eine Quelle, bei der man nachlesen kann, welche Aspekte für die eigene Argumentation wichtig sind: https://erfolgreich-wirtschaften.de/katalog-der-freiberufler/
Das Wichtigste im Überblick:
- In Deutschland gibt es Gesetze, die Freiberuflichkeit regeln. Zu den im Gesetz aufgeführten Berufen gehören die sogenannten Katalogberufe. Dazu kommen eine Reihe von gesetzlichen Regelungen, die festlegen, nach welchen Kriterien eine Freiberuflichkeit vorliegt.
- Freiberufler werden vom Finanzamt begünstigt. Sie dürfen eine vereinfachte Buchhaltung vorlegen und sind nicht gewerbesteuerpflichtig.
- Freiberufler zu sein heißt keineswegs automatisch, auch selbständig zu sein. Als Freiberufler kann man auch angestellt und damit abhängig arbeiten.
- Wer als Freiberufler eine GmbH gründet, verliert die steuerlichen Begünstigungen.
- Ein Freiberufler, der Waren produziert oder damit handelt, verliert ebenfalls die steuerlichen Begünstigungen. Die Finanzämter besteuern Mischformen wie normale Unternehmen.
- Freiberuflichkeit schützt als solche weder vor Sozialversicherungs- bzw. Rentenversicherungspflicht oder gar Scheinselbständigkeit. Aber auch diese Aspekte sind wichtig – siehe auch: Freiwillig in die Rentenversicherung – Böse Falle? oder Angeblich nicht schutzbedürftige Personenkreise.
- In der IT werden Selbständige oft Freelancer genannt. Der Begriff steht eher für selbständige, zeitlich befristete, freie Mitarbeit. Freelancer können Freiberufler, aber auch Ein-Personen-Unternehmen sein.
Das Thema ist komplex. Daher halte ich es für immens wichtig, sich eingehend zu informieren, bevor man sich als Freiberufler selbständig macht. Das Internet bietet dazu eine Fülle an Informationen. Im Folgenden habe ich einige Artikel aufgeführt, die einen Überblick über das Thema bieten. Für weitergehende Recherchen empfehle ich, eine gute Suchmaschine zu verwenden.
Artikelempfehlungen:
Neben den oben bereits erwähnten Artikeln will ich noch folgende Artikel empfehlen:
- Gewerbetreibender oder Freiberufler? – DBITS e.V.
- Lexikoneintrag zum Thema Freiberufler bei Gründerszene: https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/freiberufler/
- Karrierebibel – Freiberufler: Definition, Steuern, Versicherungen: https://karrierebibel.de/freiberufler/
- Karrierebibel – Honorarkraft: Definition, Gehalt und Besonderheiten: https://karrierebibel.de/honorarkraft/
- Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte hier die wichtigsten der geltenden Regelungen: https://www.existenzgruender.de/DE/Gruendung-vorbereiten/Gruendungswissen/Freie-Berufe/inhalt.html
Heinrich Tenz
Seit Anfang 2020 Vorstand im DBITS e.V.
Seine Expertise deckt vor allem SAP im Bereich SD, SAP Stammdaten und diverse andere SAP Themen ab. Seit etwa 20 Jahren engagiert er sich in diversen Netzwerken und Zusammenschlüssen von IT-Freelancern. Als Einzelkämpfer weiß er, wie wichtig ein gut funktionierendes Netzwerk ist. Dabei geht es ihm hauptsächlich darum, der Selbständigkeit den Rang in Politik und Gesellschaft zu verschaffen, der ihr zusteht. Selbständigkeit ist neben selbstbestimmter Arbeit vor allem auch seine Lebensphilosophie.
Abhängige Arbeit wird von Politik und Gesellschaft höher bewertet als selbstbestimmtes Leben und Arbeiten. Das ist ein Hemmschuh, der wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen in Deutschland verhindert. Daher braucht es eine organisierte Vertretung der Selbständigen im IT-Bereich. Architekten, Anwälte, Ärzte und andere Selbständige machen es vor, was gemeinsam erreicht werden kann.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!