Eine Podiumsdiskussion mit:
- Carl-Julius Cronenberg (MdB, FDP)
- Sarah Ditscher (HAYS AG, Teamleiterin Compliant Sourcing)
- Dirk Paschke (Fachanwalt für Arbeitsrecht)
- Christian Grümme (IT-Selbstständiger / ANÜ Experte)
Hauptthemen der Diskussion
Die Diskussion behandelte verschiedene Themen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung in der IT-Branche, darunter:
- Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und seine Auswirkungen
- Equal Pay und seine Bedeutung für Leiharbeitnehmende
- Höchstüberlassungsdauer und deren Auswirkungen
- Statistiken zur Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland
Die Diskussionsteilnehmenden brachten unterschiedliche Perspektiven zu diesen Themen ein, wodurch ein breites Spektrum an Aspekten beleuchtet wurde.
Sarah Ditscher (Hays Compliant Sourcing) gibt einen Überblick
Sarah Ditscher, Teamleiterin Compliant Sourcing bei der Hays AG, gab eine kurze Einführung in die Diskussion, um die Hintergründe der Arbeitnehmerüberlassung zu beleuchten. Sie betonte, dass die Arbeitnehmerüberlassung eine weisungsgebundene Leistungserbringung ermöglicht, bei der Leiharbeitnehmer Weisungen empfangen und erteilen sowie in die Arbeitsorganisation des Kundenunternehmens eingegliedert werden können. Frau Ditscher betonte, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die Rahmenbedingungen gesetzlich regelt und es spezifische Regelungen wie Equal Pay und die Höchstüberlassungsdauer gibt. Sie erläuterte, dass Equal Pay sicherstelle, dass Leiharbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf das gleiche Arbeitsentgelt wie vergleichbare Arbeitnehmer des Kundenunternehmens haben. Des Weiteren wies sie auf die Höchstüberlassungsdauer von maximal 18 Monaten hin und betonte, dass nach einer Unterbrechung von 3 Monaten und einem Tag die Uhr für die Höchstüberlassungsdauer neu zu laufen beginnt. Frau Ditscher präsentierte auch Statistiken zur Arbeitnehmerüberlassung, die zeigten, dass der Anteil der Leiharbeitnehmer allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland bei ca. 1% liegt. Sie machte deutlich, dass die Arbeitnehmerüberlassung ein komplexes Thema sei und betonte, dass sie in der Diskussion einen Überblick über die wichtigsten Regelungen geben wolle. Die Einführung von Sarah Ditscher lieferte einen fundierten Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und statistischen Aspekte der Arbeitnehmerüberlassung, der den Teilnehmenden einen anschaulichen Einstieg in das komplexe Thema ermöglichte.
Typische Fragestellungen bzgl. ANÜ
Herr Paschke weist darauf hin, dass arbeits- und sozialrechtliche Rechtsprechung nicht auf die Bezeichnung eines Vertrags achte. Selbst wenn ein Vertrag als Werkvertrag bezeichnet wird, kann dies zu Problemen führen, wenn sich die tatsächlichen Umstände als Arbeitnehmerüberlassung herausstellen. Dies kann dazu führen, dass der ehemals Selbstständige behauptet, faktisch in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert worden zu sein, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Herr Paschke weist auf die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen hin und betont, dass es sein Ziel (und das seiner Kanzlei) sei, mögliche Probleme bereits im Vorfeld zu vermeiden. Er weist auch darauf hin, dass seine Kanzlei eine Vielzahl von Mandanten auf Arbeitgeberseite vertritt, und zwar nicht nur im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, sondern auch in anderen arbeitsrechtlichen Fragen wie der betrieblichen Altersversorgung und dem Betriebsverfassungsrecht.
Widerspruch: ARBEITNEHMERüberlassung und selbstständig?
In der Diskussion wurde der scheinbare Widerspruch zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Selbstständigkeit thematisiert. Sarah Ditscher von der Hays AG betonte, dass es wichtig sei, Menschen nicht in Vertragsverhältnisse zu drängen, in denen sie sich nicht wiederfinden. Sie wies darauf hin, dass sich Lebenssituationen ändern können und Freelancer manchmal wieder in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zurückkehren möchten. In solchen Fällen könne die Arbeitnehmerüberlassung eine gute Alternative sein, da sie weiterhin im Projektgeschäft tätig sein könnten. Frau Ditscher betonte, dass auch die Perspektive der Auftragnehmer berücksichtigt werden müsse und es in Zeiten des Fachkräftemangels schwierig sei, geeignete Personen zu finden. Sie wies aber auch darauf hin, dass niemand in ein Vertragsverhältnis gedrängt werden dürfe, das nicht zur eigenen Situation passe.
Bericht aus der Praxis eines IT-Selbstständigen
Christian Grümme, IT-Selbstständiger, berichtete von seinen Erfahrungen mit der Arbeitnehmerüberlassung. Er berichtete, dass er zuvor fest angestellt war und nebenbei bereits als Freiberufler gearbeitet hatte. Seine Entscheidung, in die Arbeitnehmerüberlassung zu wechseln, war ein Versuch, wie es ist, in einem Unternehmen zu arbeiten, ohne dort fest angestellt zu sein. Rückblickend betrachtete er dies als ein befristetes Projekt, das ihm eine wesentlich bessere Bezahlung bot als eine Festanstellung. Er betonte auch, dass er als Angestellter einige Vorteile hatte, die Selbstständige nicht haben, insbesondere im Hinblick auf die Krankenversicherung. Das Projekt, für das er arbeitete, gehörte größtenteils einem staatlichen Unternehmen, das Bedenken hinsichtlich Scheinselbstständigkeit und Sozialversicherungskosten hatte. Aus diesem Grund entschied sich das Unternehmen, alle Freiberufler durch Arbeitnehmerüberlassung zu ersetzen. Herr Grümme berichtete auch von Spezialisten, die sich gegen die Arbeitnehmerüberlassung wehrten und nur unter bestimmten Bedingungen bereit waren, sie zu akzeptieren.
Ist ANÜ das beste Modell?
In der Diskussion vertrat Sarah Ditscher von der Hays AG die Ansicht, dass Arbeitnehmerüberlassung nicht unbedingt das beste Modell für alle Situationen sei. Sie betonte, dass jede Vertragsform ihre Daseinsberechtigung habe, insbesondere bei kurzfristigen Aufgaben, bei Auftragsspitzen und im operativen Geschäft. Frau Ditscher erläuterte, dass die Arbeitnehmerüberlassung für das klassische Tagesgeschäft, Krankheits- und Urlaubsvertretungen geeignet sei. Sie betonte, dass die Rekrutierung von Fachkräften in der Arbeitnehmerüberlassung aufgrund des Fachkräftemangels sehr schwierig sei. Frau Ditscher betonte, dass es wichtig sei, die Prozesse so zu gestalten, dass die Risiken minimiert werden und die Arbeitnehmerüberlassung nicht immer die beste Lösung sei.
Politik zu Arbeitnehmerüberlassung
Herr Cronenberg betonte, dass die Arbeitnehmerüberlassung auf der politischen Agenda stehe und es eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag gebe, das Statusfeststellungsverfahren zu überarbeiten. Er erwähnte, dass die Freien Demokraten klare Forderungen in Bezug auf die Selbstständigen in der Wissensarbeit hätten und dass die Plattformrichtlinie der Europäischen Union noch keine Einigung gefunden habe. Herr Cronenberg betonte, dass es wichtig sei, die Selbstständigkeit nicht einzuschränken, sondern Chancen zu eröffnen.
Rainer Rösing auf LinkedIn
Steffen Köhler, Vorstandsmitglied des DBITS und Moderator der Diskussion, erwähnt, dass Rainer Rösing einen Post auf LinkedIn veröffentlicht hat, der zu einer großen Diskussion und Feedback geführt hat. Er erwähnt auch ein öffentlich zugängliches Positionspapier der REWE Group, in dem sie sich um einen rechtssicheren Einsatz von externen Dienstleistern in agilen Projekten bemühen. Herr Köhler betont, dass in agilen Projekten interne und externe Mitarbeiter tendenziell eng zusammenarbeiten, was die Unterscheidung zwischen intern und extern erschwere. Er erwähnt auch, dass Kunden händeringend nach Mitarbeitern suchen, die den IT-Betrieb nach Projekten übernehmen können. Er weist darauf hin, dass die Arbeitnehmerüberlassung auf 18 Monate begrenzt ist und Equal Pay nur ein Aspekt ist, der berücksichtigt werden muss.
Sarah Ditscher ergänzt, dass es keine pauschale Antwort auf die Frage gibt und man immer im Einzelfall schauen muss, was genau die Anforderungen sind und wie die Ausgestaltung in der Praxis aussieht. Sie betont auch, dass das Thema Agilität sehr komplex ist und sie sich mehr Unterstützung von der Politik wünscht.
Stand der Selbstständigkeit in Deutschland
Der Text enthält eine Diskussion über Arbeitnehmerüberlassung und Scheinselbstständigkeit. Die Herausforderungen bei der langfristigen Sicherung von Arbeitskräften, die Flexibilität von Wissensarbeitern und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Dienst- und Werkverträgen werden thematisiert. Auch Probleme bei der Anrechnung von Urlaubs- und Feiertagen sowie beim Wechsel der Kranken- und Rentenversicherung kommen zur Sprache. Die Diskussion zeigt, dass Arbeitnehmerüberlassung und Scheinselbständigkeit komplexe Themen sind, die sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen vor Herausforderungen stellen.
Link zum Video auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=IyUpP654ELo