Die Protestwelle war gewaltig und hat Wirkung gezeigt. Noch während der bundesweiten Kampagne „Experten-Arbeit-retten.de“ legte das SPD-geführte Arbeitsministerium einen überarbeiteten Entwurf des Gesetzes zur Regulierung der Zeit- und Werkverträge vor. Darin wird eine zentrale Forderung im Grundsatz erfüllt: Der Katalog mit praxisfremden und undurchführbaren Negativkriterien ist Geschichte. Selbständige Experten dürfen auch in Zukunft in deutschen Unternehmen arbeiten!
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Knapp 120.000 Protest-Mails
Zuvor waren im Rahmen der Kampagne in nur drei Tagen knapp 120.000 persönliche Protest-Mails von Betroffenen an die Mitglieder des Bundestags geschickt worden, dazu tausende Briefe.
Erstmals hatten sich selbständige Experten aus allen Bereichen – unter Führung einer Allianz der wichtigsten Personaldienstleister (ADESW) – zum Protest vereint. Und haben so der Politik eindrucksvoll gezeigt: Ihr könnt nicht einfach über die Köpfe der Experten hinweg entscheiden.
Die harte Überzeugungsarbeit der letzten 12 Monate hat sich ausgezahlt. Die Kampagne unter dem Dach der ADESW, gemeinsam mit kooperierenden Verbänden gipfelte schon nach wenigen Tagen in einem unglaublichen Erfolg. Ein wichtiges Etappenziel wurde erreicht! Dennoch muss die Kampagne weitergehen!
Neufassung §611a – Zurück auf Los
Zwar hat Frau Nahles, vermutlich zähneknirschend, einlenken müssen. In einer Hau-Ruck-Aktion wurde der Referentenentwurf nachgebessert. Der Bearbeitungstand der zurzeit bekannten Version des Entwurfes stammt vom 17.02.2016 21:11 Uhr.
Die Neufassung des §611a, BGB enthält nun statt der wahllos aneinandergereihten Kriterien für Scheinselbständigkeit eine Definition des Begriffes „Arbeitnehmer“, die zwar auch nicht wirklich neu ist, aber den Sachstand im Vergleich zur Vergangenheit zumindest nicht verschlimmert.
Jetzt dürfen wir lesen…
§611a Arbeitnehmer
- Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anders zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
- Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.
- Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab.
- Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen.
- Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Gemeinsame Aktionen lohnen sich, wichtiges Etappenziel erreicht
Gezeigt hat sich eines ganz deutlich: Gemeinsame Aktionen zeigen Wirkung! Zum ersten Mal ist es den Selbständigen, insbesondere denen der IT, gelungen, öffentliche Wahrnehmung zu gewinnen.
Ein wichtiges Etappenziel wurde erreicht. Die selbständige Tätigkeit als Freelancer könnte theoretisch erst einmal so weiter gehen, wie bisher. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein: Wir sind jetzt lediglich wieder zurück auf Los gegangen.
Noch immer keine Rechtssicherheit erreicht
Noch sind viele, wichtige Details völlig offen, denn auch dieser nun deutlich verbesserte Entwurf zum § 611a BGB reicht nicht aus: Wir benötigen Rechtssicherheit für die Gruppe der hochqualifizierten Selbständigen und für die Unternehmer, die sie beauftragen!
Denn…
- Ist die Gefahr des regelmäßigen Wiederaufflammens der Diskussion um Schein/Selbständigkeit nun gebannt?
- Müssen wir jetzt nicht erst Recht mit verschärften Reaktionen, da wir der Politik derartig „in die Suppe gespuckt“ haben? (vermehrte Statusfeststellungsverfahren etc.)
- Ist die Verunsicherung der Auftraggeber jetzt beigelegt und werden jetzt wieder Projekte vergeben?
Die Antwort auf diese Fragen lautet „Nein“. Darum müssen wir den aufgebauten Druck nutzen um endlich eine eindeutige Rechtslage zu erhalten.
4 Forderungen, die wir Selbständigen haben
Um Rechtssicherheit, sowohl für uns als Auftragnehmer als auch für unsere Auftraggeber zu erhalten, benötigen wir
- Ein klares politisches Bekenntnis zur Förderung und rechtssicheren Tätigkeit selbständiger Experten als maßgeblichen Innovationstreibern der deutschen Wirtschaft.
- Stärkung der Rechtsstaatlichkeit durch transparente, schnelle und nachvollziehbare Prozesse und Verfahren bei den zuständigen Behörden (z.B. Deutsche Rentenversicherung), sowie effektive Rechtsbehelfs- und Schlichtungsmechanismen. Die faktische Beweislastumkehr durch oft unbelegte Behauptungen und Vorwürfe muss beendet werden.
- Auftraggeber und Auftragnehmer brauchen Rechtssicherheit: Haftungsrisiken und Strafbarkeit müssen angesichts unklarer gesetzlicher Regelungen eingegrenzt werden, zum Beispiel durch Beibehalten der Arbeitnehmer-Überlassungsgenehmigung.
- Einen Positivkriterienkatalog, der auch juristischen Laien bereits bei Vertragsschluss die Einordnung und Unterscheidung zwischen Festanstellung und Selbstständigkeit ermöglicht. Wer gut und fair bezahlt wird und für sein Alter vorsorgt, ist nicht schutzbedürftig!
Noch ist gesetzlich nichts in trockenen Tüchern
Die Politik will durch neue Gesetze diejenigen schützen, die selbständig sind – aber es nicht sein wollen. Aber sie trifft damit auch fälschlicherweise diejenigen, die aus Überzeugung selbständig sind und es auch bleiben wollen. Ein gutes Gesetz braucht Differenzierung.
Noch ist gesetzlich lange nichts in trockenen Tüchern. Wir sind stand heute nur zurück zum Ausgangspunkt und das ist keine rechtssichere und zukunftsfähige Basis für eine moderne, arbeitsteilige Volkswirtschaft. Zudem kündigte der DGB in mehreren Medien bereits Widerstand an. Die selbständigen Experten kämpfen weiter für ihre unternehmerische Freiheit.
Jetzt nicht locker lassen!
Wir haben jetzt so viel gemeinsam erreicht. Nutzen wir die Gunst der Stunde und lassen nicht locker! Darum: Bitte beteiligen Sie sich weiterhin an unseren Aktionen!
Der Schwerpunkt unserer Protestmaßnahmen ändert sich jetzt. Der Text der Protest-Emails wurde angepasst und fokussiert auf das Ziel „Rechtssicherheit“. Beteiligen sie sich bitte (erneut) an der Mailingaktion auf EXPERTEN-ARBEIT-RETTEN.de.
EXPERTEN-STILLSTAND am 24.02.2016
Beteiligen Sie sich auch an der Aktion EXPERTEN-STILLSTAND am 24.02.2016. Dieser Tag soll zeigen, was passiert, wenn selbständige Experten aus Gründen der Rechtsunsicherheit aus Unternehmen verbannt werden: Deutschland kommt über kurz oder lang zum #stillstand. Das wollen wir am 24. Februar 2016 mit der Aktion “Experten-Stillstand” demonstrieren. Den ganzen Tag lang – aber besonders in der Proteststunde zwischen 11 und 12 Uhr.
Posten Sie – gerne schon jetzt – Ihr Protest-Foto mit dem Hashtag #stillstand und dem Link “Experten-Arbeit-retten.de” bei Twitter, Facebook, XING & Co. Dazu laden Sie sich das zur Verfügung gestellte Banner herunter, machen ein Foto und zeigen es der Öffentlichkeit. Mailen Sie Ihr Foto auch an uns, damit wir alle gemeinsam auf dieser Website Flagge zeigen. Ihr Foto wird auch in die Protest-Galerie von EXPERTEN-ARBEIT-RETTEN.de aufgenommen.